… Als der Abend sein sanftes Tuch über den Himmel legte, machten sie es sich im Nest bequem. „Fühlt euch wie zu Hause“, krächzte der Adler. „Meine Behausung sei auch die eurige.“
Liebevoll strich er über das goldene EI. Eine wundervolle Musik erklang. Anna schloss die Augen.
Noch nie hatte sie solch eine Musik vernommen. Sie war anders als alle Melodien, die sie bis jetzt
gehört hatte, und doch waren alle Melodien in ihr enthalten.
Während Cornelius einschlummerte, folgten die Kinder der Musik. Annas Augen leuchteten und ihre Haut prickelte. Glücklich und mit jeder Faser ihres Körpers hellwach schwamm sie in einem Meer aus Tönen. Das Leben war einzigartig, unfassbar und von wundersamer Schönheit und Tiefe!
Anna lächelte. So vielgestaltig das Leben sich auch aufzeigte, es war der Gesang eines unfassbar großen, liebenden Herzens! Jetzt begriff sie die Worte Gandors. „Das Zauberland hat viele Gesichter,
aber nur ein Herz!“ Gandor nickte, als wüsste er gut, was in Anna vor sich ging.
Der goldene Adler hob seine mächtigen Schwingen. Still hatte die Nacht Myriaden von Sternen an ihr Kleid geheftet, die jetzt strahlten und funkelten. „Schlaft gut, meine lieben Freunde“, schnarrte Gandor fürsorglich. „Es ist schon spät. Ich wünsche euch eine gute Nacht.“
Er schaute noch einmal auf das Ei. Dann flog er in die Nacht hinein. Für einen kurzen Augenblick
verdeckten seine goldenen Schwingen den Mond, der über dem Gebirge leuchtete, dann nahm die Tiefe der Nacht ihn auf.