08/08 Der ewige Kreislauf lebendigen Seins.

Das schwere Krebsleiden und der frühe Tod meiner Schwester vor drei Jahren war eine Zeit des Abschieds und der Auseinandersetzung mit der Fragilität unseres körperlichen Seins.
Ich hatte ein sehr enges Verhältnis zu meiner Schwester und so erschütterte mich die Diagnose zutiefst.
Ich hinterfragte Familienstrukturen, Abneigungen, Widerstände und konfrontierte mich mit meinen Urängsten und Unsicherheiten und der Hilflosigkeit und Sprachlosigkeit angesichts des nicht zu lindernden Leidens meiner Schwester.

Die Arbeiten dieser Zeit spiegeln diesen Prozess wider. Häufig fragmentiert, ungebremst, die Leinwände mit den Lötkolben verbrannt, durchstochen – eine Zeit großer Intensität, des Schmerzes, eine Zeit des Aufbegehrens und der Verletzlichkeit.
Nach dem Tod meiner Schwester entstanden ein Zyklus großformatiger Materialcollagen, eine Hommage an meine Schwester und das Bild „Abschied“.

Gold als Ausdruck geistigen Daseins in Kombination mit verschiedenen Naturmaterialien und Alltagsgegenständen sind Grundlage meiner neueren Collagen. Alles ist geistiger Natur und drückt sich als diese aus.

Umso älter ich werde, umso mehr reduziert und bündelt sich meine Formensprache.
Ich liebe es immer noch aus der Fülle zu schöpfen und Materialien mit den verschiedensten Möglichkeiten zu verfremden und zu kombinieren, doch immer mehr interessiert mich die Reduzierung auf das Wesentliche, auf die Linie.
In meinen neuen, oft kleinformatigen Arbeiten konzentriere ich mich auf den Spannungsaufbau durch eine einzige gezeichnete Linie, die Formen und Räume auf dem Blatt erschafft.
Farbe in ihrer psychischen Dynamik kommt nur in das Spiel, wenn sie den Inhalt, die Botschaft des Werkes verstärkt und unterstreicht.
Zu den Linien ordne ich häufig verschiedene archetypische Symbole. Sie sind für mich eine Art eigenständige Bildsprache, ähnlich der Bildsprache in den alten Hochkulturen, in der ein Symbol für das Aufzeigen eines komplexeren Inhalts verwendet wird (z.B. „schöne, heile Welt“, „Geburt- wohin?“, „Krieg und Frieden – es ändert sich nichts“ oder „Innen und außen“ oder „Recycling“, Sturz in die Tiefe“.)

In meinen neusten Arbeiten finde ich zu einer neuen Leichtigkeit. Es geht nicht um Bemühen, sich Anstrengen, das Erreichen von Zielen und die Optimierung des eigenen Selbstausdrucks. Das ist die Spielwiese des egozentrierten Schattenboxens. Umso tiefer ich diese Strukturen in mir durchschaue und sie erkenne als das, was sie sind, selbst kreierte Vorstellungen, die ich durch eine Art Eigenhypnose immer wieder in ihrer Dynamik belebe, umso freier, stiller und entspannter kann ich arbeiten. Schöpferisches Arbeiten ist spielerisch, selbstvergessen und kennt kein Bemühen, kein erreichen von Zielen. Es ist erfülltes, lebendiges Sein.