07/08 Neues Arbeiten – Mut zur Eigenständigkeit

Nach der Geburt unserer ersten Enkeltochter und dem Umzug in unser jetziges Zuhause, begann ich wieder künstlerisch zu Arbeiten.

Ich zeichnete viele Porträts und es entstanden die ersten Naturcollagen auf Papier. Hier kombinierte ich getrocknete Pflanzenmaterialien mit Tusche, Buntstift und Drucktechniken. Es war die Weiterführung der Pflanzenporträts, die mir vor Jahren als Illustration für meine Pflanzenbücher dienten.
Jetzt, in einem abstrahierten Kontext, halfen sie mir emotionale Zustände auszudrücken.

Ich spazierte stundenlang durch die Natur. Das intensive, wirklich lebendige Hinschauen und Entdecken taten mir gut, zentrierten mich und gaben mir neue Impulse und Inspirationen.
Es gibt in unserer Familie eine Redewendung: „Fühlst du dich nicht gut, fühlst du dich unlebendig und festgefahren, geh in die Natur!“ So ist es bis heute geblieben.
Wir sind Teil eines lebendigen Gefüges, einer sich ewig erneuernden, regenerierenden Struktur. Bewusst in ihr lebend, können wir gar nicht anders als wach, lebendig und schöpferisch zu agieren. Unsere Gedankenkonstruktionen, Muster und Vorstellungen sind es, die uns beschweren und behindern und uns letztendlich leiden lassen.

Unsere Gesellschaft ist ein Abbild unseres Denkens. Gerade in den letzten Jahren wird der Grundton in der Gesellschaft aggressiver, manipulativer und ich-bezogener.
Wir stehen vor riesigen Herausforderungen, die wir nur miteinander und mit einer mutigen, ehrlichen Reflexion unserer eigenen Egostruktur lösen können. Die Bilder „stürzender Ikarus“, „Liberta“, „stürzender Engel“ und „Hinschauen!“ greifen diese Themen auf.

Unsere eigenen destruktiven Muster und Egostrukturen, die Identifizierung mit diesen, unser ständiges Streben nach einem imaginären Paradies, das sind auch Themen der großen Papiercollagen.
Die Erdtöne habe ich aus Pflanzensäften, Erden und aus dem Sekret der Tintlings Pilze hergestellt. Ähnlich wie bei den Textilcollagen, arbeitete ich fast ausschließlich mit Naturfarben. Auch die abstrahierten Wesen auf meinen Textilcollagen finden sich auf den Papiercollagen.
Um innere, psychische Prozesse erlebbar machen zu können, bediene ich mich gerne dieser Formensprache im Kontrast zu realistischen figürlichen Darstellungen, bei denen die gesamte innere und äußere Persönlichkeit im Vordergrund steht.
Ich experimentiere gern mit den verschiedensten Materialien und kombiniere Kohle, Graphit und Buntstift mit Tuschen, Drucktechniken, Fäden, Stoffe, selbstgeschöpftes Papier, Natur- und Recyclingmaterialien.

Es entstanden viele großformatige Collagen auf Leinwand oder auf Holzgrund. Gerade bei dem Zyklus Elemente „Feuer“, „Erde“; „Asche“ und „Metall“ spielte ich mit der Verfremdung unterschiedlichster Materialien.
Ich begann z.B. gesammeltes Herbstlaub, Stroh und Heu als Grundlage meiner großformatigen Ölbilder zu verwenden. Zusätzlich kombinierte ich die Arbeit mit dem Pinsel mit dem Einsatz eines Lötkolbens.
Der ständige Wandel der Materie, Verwerfungen, Verkrustungen, die Schönheit von scheinbar Hässlichem, Verbrauchtem oder Weggeworfenem interessiert mich. Das Alte wird das Neue, Totes ist die Grundlage neuen Lebens. Der ewige Kreislauf lebendigen Seins.

Da ich jetzt in unserem Garten viel Platz habe, erfülle ich mir einen langgehegten Wunsch:
In den Sommermonaten arbeite ich vorwiegend an meinen Skulpturen. Sie alle sind aus verschiedensten Verpackungsmaterialien oder Schrott und Müll, den ich bei meinen Spaziergängen gesammelt habe, entstanden.
Ich kombiniere sie gern mit schönen Murano Mosaiksteinen, Metallen und Hölzern. Sie sind eine Weiterführung der Grundidee meiner Textil- und Materialcollagen.