01/08 Die ersten Jahre
Geboren wurde ich 1964 in Leipzig – zusammen mit Dresden, Halle und Berlin die Hochburg der etablierten Kunstszene.
Meine Jugend fiel in die achtziger Jahre und damit in eine höchst spannende Zeit der Neuorientierung und des Aufbruchs:
Eine künstlerische Avantgarde wuchs heran.
In Hinterhöfen, Clubs und privaten Räumen wurde das bröckelnde sozialistische Kunst- und Kulturbild kritisch hinterfragt.
Es entstanden neue, spannende Projekte, häufig systemkritisch, auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen, und ein erweitertes Kunstverständnis, das realistische Kunst einschloss, aber auch offen war für internationale Kunstströmungen.
Junge Kunst- und Kulturschaffende befanden sich im regen Austausch miteinander und auch etablierte Künstler, die den Mut hatten, gesellschaftskritische Fragen zu stellen, schlossen sich uns an.
Einer dieser etablierten Künstler wurde mein Lehrer, Mentor und später mein damaliger Lebensgefährte.
Ich war alleinerziehende Mutter. Freunde und ich besetzten ein leerstehendes Haus. Hier entstanden meine ersten bildkünstlerischen Versuche.
Oft fanden in unserem Haus Konzerte, Lesungen und Partys statt, die jedes Mal von einigen Stasibeamten „sehr unauffällig“ überwacht wurden.
Mein damaliger Lebensgefährte war kurz davor Leipzig zu verlassen, da seine systemkritische Kunst dazu führte, dass er immer weniger Aufträge und Ausstellungen bekam.
Er träumte von einem ruhigen Schaffen inmitten der Natur.
Der Entschluss, meine Heimatstadt und alle meine Freunde zu verlassen, und mit meinem damals zweijährigen Sohn in ein ungewisses Abenteuer aufzubrechen, fiel mir sehr schwer.
Doch ich entschied mich für dieses Abenteuer, nicht ahnend, dass damit die schwierigsten und doch prägendsten Jahre in meinen Leben begannen. Eine Art Lebensschule für junge, stadtverwöhnte Intellektuelle, wie ich eine war.
Eine Lebensschule in Punkto Einfachheit, Demut vor der Natur und tiefem Respekt vor dem Leben.